Wenn wir das Werk von Petr Hrbek mit einem Satz charakterisieren sollen, müssten wir sagen, dass seine Absicht die Thematisierung der Malerei als solche ist, einer Malerei als Aussage über die Malerei – Metamalerei. Alle Bindungen zur Realität außer der eigenen Realität des Bildes sind, zumindest in dem möglichen Maße, ausgeschlossen. Das bedeutet nicht nur eine Absage des Bildes an seine Funktion als Mimesis von allem Gesehenen, sondern vielleicht auch eine Absage an jegliche Reflektion außerhalb der Sphäre der Malerei selbst, ob es sich dabei um die unmittelbare Expression seines Körpers handelt, oder im Gegenteil, um die vorgegebene Ordnung oder die Konstruktion. Diese Bestandteile kommen zwar in Hrbeks Arbeiten vor, sind aber nur ein Teil einer ganz anders ausgerichteten Botschaft und nicht als Thema vergegenwärtigt.
Selbstverständlich wird uns mit dem Blick auf die Geschichte der Malerei bewusst, dass das Moment der „Malerei für Malerei“ in jedem ästhetisch relevanten Werk de facto latent vorhanden ist. Es ist allein die „Malerei der Malerei“, die diese aus dem Kontext der außerkünstlerischen Aktivitäten des Menschen heraushebt und sich somit als kulturbildende, die Einmaligkeit des menschlichen Seins überragende Qualität, beweist. Diese transzendentalen Qualitäten und Übersteigerungen sind schon in ihrer reinen Materialität gegenwärtig. In diesem Sinne bleibt die Malerei sie selbst und überschreitet gleichzeitig ihre eigene Immanenz.
Hrbek gehört zu den Künstlern, die sich der Möglichkeit der Absolutheit dieser Qualität bewusst wurden und somit das Thema der gesamten Arbeit wie auch des einzelnen malerischen Werkes daraus beziehen. Diese Einstellungen ermöglichten zweifellos schon frühere Konzeptionen der Malerei. Diese Konzeptionen der Malerei des Minimalismus, anfangend mit Ad Reinhardt, bei dem es um die Reduktion der Bildzusammensetzung ging, sind schon in den radikalsten Aktionsmalereien Pollocks vorauszuahnen, in denen sich der Malprozess als Thema des Bildes darstellte. Konzeptuelles Denken brachte damit in die Sphäre der Malerei die Möglichkeit des Thematisierens der einzelnen Bildbestandteile ein und somit die Chance, auch die technologischen Unerlässlichkeiten und den Sinn des Werkes in der Botschaft, der Determinierung und der Charakteristik dieses Mediums zu sehen. Dies durchforschten Künstler aus dem Umkreis der italienischen analytischen Malerei oder der französischen Supports/Surfaces Bewegung der siebziger Jahre. Die Entwicklung in Hrbeks Arbeiten schreitet in den letzten zwei Jahrzehnten voran und wurde möglicherweise durch diese Hintergründe mitgeformt. Wäre seine Arbeit nur auf diese Aspekte begrenzt, würden wir zweifellos nicht auf ein solch beachtenswertes Werk dieses Künstlers schauen können. Die Authentizität und die Unverwechselbarkeit seiner Arbeit liegt nicht in der Eingrenzung der Möglichkeiten, die sich schwer revitalisieren lassen, im Gegenteil, sie liegt im komplexen Aufgreifen der verschiedensten Möglichkeiten der Malerei als Bestandteil des integralen Ganzen, ohne freilich zu Bedeutungen zurückzukehren, die die Malerei früher hatte.
Hrbek benutzt den „Apparat“ der Malerei, wie er durch die Befreiung der Malerei in den fünfziger und sechziger Jahren entstanden war und schaltet durch ihn wieder die verschiedenen Möglichkeiten der Malerei ins „Spiel“ hinein. Der Sinn seiner Malerei ist das Bemühen um die maximale Autonomie des Bildes, die es mit malerischen Mitteln zu erreichen gilt, und die dem heutigen Künstler als Vermächtnis der Generationen zur Verfügung stehen. Umso mehr wird dem Künstler in seiner Position die wahrhaftige Einmaligkeit des Bildes im Kontext der Menschheitskultur (ähnlich wie auch die anderen Medien der künstlerischen Arbeit einmalig sind) bewusst, auch wenn er uns vermutlich nicht die Frage beantworten könnte, warum es zu dieser Einmaligkeit kommt.
Hrbeks Bilder entstehen durch das Schichten vieler Ebenen malerischer Setzungen. Von den untersten können wir nur noch geringfügige Reste wahrnehmen und auch diese vielleicht nicht mehr. Die Entstehung des Bildes ist Prozess, ein Prozess des Malens, und das Vorhaben des Künstlers ist die Vergegenwärtigung der unterschiedlichen Aspekte der Malerei, vor allem die grundlegende Spannweite zwischen der expressiven Wirkung der malerischen Geste und der organisierenden Ordnung. Das, was in älteren Arbeiten des Künstlers noch durch tatsächliche Wechselseitigkeit der zwei grundlegenden Elemente malerischer Aussage, nämlich geometrisch abgegrenzter Flächen und dynamischer, frei geformter Gesten, sichtbar war, hat sich in den letzen Jahren immer mehr zum Bestandteil einer einzigen Art des Gestaltungsprozesses entwickelt.
Freilich ist der ganzen bisherigen Malerei Hrbeks der „schöpferische Wille“ gemeinsam, das Bild als eine differenzierte Ordnung zu formen. Die expressive Wirkung des Ganzen ist eigentlich eine Art Mimikry, es ist das Ergreifen von expressiver Notiz als einem Mittel, welches moderne Malerei kennt. Das Schichten des Bildes aus einer Reihe von Ebenen der inneren Differenzierung jeder Geste ist dessen deutlicher Beweis. Gerade bei den einzelnen Gesten identifizieren wir einen der konstituierenden Teile seiner Arbeit. Ihre farbige Unterschiedlichkeit ist das Ergebnis sehr vorsichtigen Aufnehmens mehrerer Farben mit relativ großem und breiten Pinsel. Gerade hier bestimmt der Künstler die endgültige Gestalt der malerischen Geste und entscheidet über die Farbpalette. Die expressive Wirkung ist nun das Ergebnis einer präzisen Kalkulation in der ersten Phase der Arbeit. Wahrlich dynamisch ist nun die Realisation der einzelnen Vorgänge. Deren Unterordnung unter die gesamte Organisation findet durch die ständige Kontrolle des Künstlers über die gesamte Struktur und die Lokalisierung der einzelnen Gesten im Bild statt.
Selbstverständlich behält sich der Künstler vor, seine momentane mentale, formende und kompositorische Spontaneität einzusetzen. „Freude am Malen“ ist das natürliche, aber auch nur als Teilstück zu verstehende Motiv seiner Gesamtaussage.
Es sei nicht vergessen, dass sich Hrbek in besonderer Weise mit den Möglichkeiten der Überschreitung der Bildebene beschäftigt und dabei „seinem“ Phänomen des Malens treu bleibt, wie uns seine – in situ – auf den Wänden, dem Boden und den Decken der Räume ausgeführten Arbeiten belegen, oder wie er das Bild mit einem oft nicht künstlerisch gestalteten Gegenstand verbindet, um damit die Träger der Malerei zu relativieren, und um diese auf einen „gemeinsamen Nenner“ zu bringen. Die kodifizierte Ähnlichkeit des Bildes ist dann gegenüber den übrigen Gegenständen gleichwertig und die nicht künstlerischen Teile werden zu gleichberechtigten Trägern der Malerei, wie das Bild selbst.
Jiří Valoch, Prag